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Liebe ist etwas Ideelles, Heiraten etwas Reelles

Liebe ist etwas Ideelles, Heiraten etwas Reelles

Mit diesem Thema hat sich die deutsche Literaturkritikerin, Buchautorin und Geschäftsführerin des Piper Verlags, Felicitas von Lovenberg, beschäftigt. In ihrem ersten Buch "Verliebe dich oft, verlobe dich selten, heirate nie?" beleuchtet sie die Vor- und Nachteile einer Ehe. Persönlich überzeugt davon, dass ein Trauschein mehr ein Ruhekissen und daher mehr ein Risiko für das Glück einer Beziehung ist, als ein Garant für deren Gelingen. Neben den bekannten Phänomenen der Verliebtheit, führt sie an einer Stelle die chemischen Abläufe in unserem Körper auf. Es findet sich sowohl eine chemische Begründung dafür, warum wir gar nicht umhin können zu Beginn einer Beziehung auf Wolke Sieben zu wohnen, wie auch die Gründe dafür, warum der Alltag zwangsläufig nicht nur um uns herum, sondern auch in unserem Hormon-Haushalt wieder Einzug hält.

Folgen wir dieser Erkenntnis, so könnten wir zu dem Schluss kommen, dass ein Trauschein nur eine bedingte Auswirkung auf das Glück einer Beziehung hat. Sarkastisch gesehen, könnte man sagen, dass jede Beziehung ihre Attraktivität verliert und zu einer Zweckgemeinschaft wird, ob verheiratet oder nicht. Schuld daran ist allein der Hormonhaushalt.

Zum Glück ist dem aber nicht so. Viele Einflüsse und Gegebenheiten bestimmen mit, wie eine Beziehung verläuft. Insbesondere, wenn man bereits die Erfahrung einer gescheiterten Ehe oder Beziehung hat. Dann weiß man, dass beides der Arbeit und des Wohlwollens beider beteiligten Parteien bedarf.

Folgen wir weiterhin der Ansicht von Frau von Lovenberg, so finden wir auch bei ihr diesen Rückschluss, wenn sie in der Ehe die Gefahr eines Ruhekissens sieht, das uns bequem werden und in der Beziehung eine Selbstverständlichkeit sehen lässt.

Aber heißt das jetzt, dass die Ehe zu meiden ist? Beziehen sich die Schlussfolgerungen nur auf kinderlose Paare oder auch auf Patchwork-Konstrukte?

Schauen wir, was Frau von Lovenberg dazu sagt, denn überraschenderweise erscheint wenige Jahre nach ihrem ersten Buch, ihr zweites Buch mit dem Titel: "Und plötzlich war ich zu sechst: Aus dem Leben einer ganz normalen Patchwork-Familie". Obwohl das erste Buch den Eindruck hinterlassen kann, dass Frau von Lovenberg nie heiraten würde, hat sie dies doch getan und dann auch noch einen Mann mit "Kinderrucksack". Wie kann das sein?

Ganz einfach: Weil ihre Erkenntnisse aus dem ersten Buch für sie keinen Widerspruch zu ihrer Entscheidung für das Heiraten einer Patchwork-Familie darstellt. Das wollen wir uns genauer anschauen.

In einem Interview wird ihr die Frage gestellt, warum sie nun doch und gerade einen Mann mit eigenen Kindern geheiratet hat und ob dies nicht deutlich im Widerspruch zu den Aussagen ihres ersten Buches steht? Die Antwort darauf scheint überraschend: Es ist kein Widerspruch, denn beides hat eine romantische Motivation.

Versuchen wir eine Definition: Romantik ist mehr als die rosa Verliebtheits-Wolke. Sie ist das Wertschätzen einer Person und das Bemühen um ihr Wohlergehen. Doch dies nicht als Pflicht, sondern als natürliches Bedürfnis. Der Wunsch nach Gemeinsamkeit und gemeinsamer Zeit steht im Vordergrund.

Für Frau von Lovenberg ist ein Schlüssel zum Glück einer Patchwork-Familie die Freiwilligkeit aller Beteiligten. Alle können auf ihrem Erfahrungsschatz aufbauen, dass selbst eine klassische Kernfamilie nicht für die Ewigkeit garantiert ist. Die Familienmitglieder bleiben, doch die Zusammenstellung der Lebensgemeinschaft ändert sich. Basierend auf dem Wissen der Fragilität einer Familie, ist die Motivation für den Erfolg der neuen Partnerschaft bei allen Beteiligten eine ganz andere. Das Bemühen aller, um das Wohlergehen und Wohlfühlen, bringt wieder die romantische Motivation ins Kalkül. Das Ja-Wort ist fast schon die logische Konsequenz.

Lassen wir an dieser Stelle den ketzerischen Fragen freien Lauf: Wird nicht selbst die romantische Motivation einer Patchwork-Familie irgendwann vom Koloss es Alltags überrollt? Ist nicht auch für eine Patchwork-Familie die Ehe eine Institution zum Ausruhen und ist damit nicht der Tod jedweder Romantik vorbestimmt? War nicht auch die erste Ehe freiwillig? Hatte ich nicht auch damals gedacht, dass ich weiß, worauf ich mich einlasse?

"Das kommt darauf an", scheint hier die richtige Entgegnung. Jeder hat seinen eigenen Erfahrungsschatz, hat seine eigene Romantik und seine eigene Vorstellung von der Zukunft. Und jede Beziehung, ob mit oder ohne Trauschein, kann sich entscheiden, ob und in welche Richtung sie den Weg in den Alltag einschlägt.


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